Donnerstag, 27. Dezember 2018

Barrel Aged Thoughts 2018 - Ein Rückblick

Liebe Rum Gemeinde,

das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen und hinterlässt uns glücklicherweise auch einige Rum-Abfüllungen, über die es sich glaube ich durchaus lohnt, noch einmal zu sprechen. Um eines dabei aber vorweg zu nehmen: anders als 2017 war 2018 aus meiner Sicht nicht das Jahr der absoluten und unbedingten Highlights. Keiner der Rums dieses Jahr wäre aus meiner Sicht z.B. ein echter Kandidat für eine Top 10 Liste des gesamten Jahrzehnts, während sich dort 2017 schon mindestens zwei Rums fanden, die für mich ganz sicher in einer solchen Rangliste vertreten wären. Was nun aber vielleicht für den einen oder anderen nach Enttäuschung klingt, ist in Wahrheit einfach eine (leider nur semi-elegant gelungene) Überleitung dahin, dass das Jahr 2018 für mich zwar nicht unbedingt eines ist, welches zu großen und lauten Rankings einlädt, wohl aber ein überaus spannendes Jahr gewesen ist, mit vielen Premieren, einem Messebesuch in Köln, neuen Wegen, weiter beschrittenen Wegen und vielen vielleicht nicht überragenden, aber sehr soliden Rums - und natürlich einem gigantischen Sommer mit unzähligen Mai Tais! Ein Rückblick.




Prolog:

Meine Reise durch 2018 beginnen möchte ich im Epilog von 2017, als ich meine Hoffnungen und Erwartungen auf das nun demnächst hinter uns liegende Jahr wagte. Mein Fokus lag dabei auf New Yarmouth, St. Lucia Distillers, der South Pacific Distillery und auch auf Sancti Spiritus als ewiger Geheimfavorit. Kurz und schmerzlos kann man denke ich konstatieren, dass sich da, bis auf New Yarmouth, leider nicht viel getan hat. Das ist zwar einerseits schade, ganz persönlich hatte ich gerade bei St. Lucia wirklich stark gehofft, aber auf der anderen Seite bin ich doch sehr erfreut darüber, dass New Yarmouth keine Eintagsfliege geblieben ist, sondern sich innerhalb eines Jahres einen festen Platz innerhalb der Szene gesichert hat. Und das vollkommen zurecht, wie ich finde!


Cologne Spirits: 

Im März stand dann die Cologne Spirits in Köln an, und damit die erste Premiere in diesem Jahr, auf die ich gerne eingehen möchte. Marcus Stock und Christoph Schreiber organisierten mit großem Erfolg eine weitere große Rum- und Spirituosenmesse in Deutschland neben dem German Rum Fest in Berlin, die in 2019 auch seine Fortsetzung erfahren wird. Neben erstklassigen, interessanten und spannenden Ausstellern zu aktuellen Abfüllungen konnte mich vor allem der Raritäten-Stand von Rene van Hoven begeistern, an dem auch Bottlings aus längst vergangenen Tagen probiert werden konnten. Viele davon sogar zu mehr als fairen Kursen - ich sag' nur Albion 1986 *hust* :-) Vielen Dank dafür noch einmal, Rene und ich hoffe, dass man dich dort 2019 auch wieder findet! 
Darüber hinaus bot die Messe aber auch den Rahmen und die Möglichkeit für einige von uns Bloggern und anderen Rum-Nerds, sich in privater Runde zusammenzufinden und vieles zu probieren und sich auszutauschen. So entstand ein unvergesslicher Abend bei Marius von SCR, bei dem ich während der drei Tage in Köln auch unterkommen konnte. Vielen Dank noch einmal für alles!



Mein Bericht zur Cologne Spirits: Messebericht


BAT on facebook:

Nur einen Monat später, im April, folgte dann für mich ganz persönlich ein Sprung über den eigenen Schatten, indem ich eine Facebook-Präsenz für BAT einrichtete. Ja, hab ich wirklich gemacht. Ich, der immer dagegen war. Aber wie war das? Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit? Die Erkenntnis, dass ich mich nicht jedem ungeliebten Wandel auch immer verschließen kann, war an dieser Stelle größer, als meine persönliche Abneigung, die deshalb ja keineswegs vollständig gewichen ist. Und ohne jeden Zweifel hat diese Entscheidung BAT genutzt, größer gemacht und vor allen Dingen auch internationaler gemacht. Zwar schreibe ich auch weiterhin auf Deutsch, da das die einzige Sprache ist, in der ich mich meinen eigenen Ansprüchen gegenüber gerecht ausdrücken kann, aber die Reichweite hat dennoch stark zugenommen. Somit kann ich inzwischen, nach acht Monaten, sagen, dass das der absolut richtige Schritt war.

facebook.com/mybarrelagedthoughts/


Hampden DOK:

Noch im gleichen Monat stand dann bereits das nächste Highlight 2018 und eine weitere Premiere an, nämlich der Release des Letters of Marque Hampden DOK 8 YO Jamaica Rum in voller Fassstärke! Wir als Blogger von SCR, RUMBOOM und BAT hatten uns mit Sascha zusammengetan und bei der Main Rum Company auf der Insel einen Hampden DOK aufgespürt. Diesen holten wir dann mit der Hilfe des unabhängigen Abfüllers The Rum Cask ins Land, die letztlich dann auch das Bottling übernahmen. Der LoM war zwar nicht der erste DOK am Markt, das war meines Wissens nach der Kintra aus dem gleichen Jahrgang, aber er war der erste, der in voller Fassstärke abgefüllt wurde und der auf dem Label auch als DOK ausgewiesen war. Der gesamte Prozess zog sich über ein dreiviertel Jahr hin und wir bekamen in der langen Zeit, in der immer wieder einiges an Geduld gefragt war, viele Einblicke in die Arbeit eines UA (IB) und ich möchte auch diesen Moment nicht ungenutzt lassen und Jens und dem gesamten Team bei TRC sehr herzlich für die Zusammenarbeit danken! 
Geschmacklich war der DOK meines Erachtens ein guter Rum, den ich auch pur nach wie vor gerne trinke, aber in Konkurrenz zu lange gereiften Hampden aus den 1990ern und frühen 2000ern steht er für mich noch nicht. Da besteht bislang schon nochmal ein Qualitätssprung in meinen Augen, aber das ist bei gerade einmal acht Jahren Reife auch nicht verwunderlich. Es ging hier darum, diese Extremität einmal erlebt zu haben und zu sehen, wo Hampden sein eigenes Maximum hat und in dieser Hinsicht war der DOK sehr aufschlussreich, denn anders als ich erwartet hatte, bot auch der DOK ein Ester-Level, welches ich noch als angenehm zu trinken empfinde. Wo der Rum dann mit 15 bis 20 Jahren steht, da bin ich schon sehr gespannt!
Ein Gewinn war der DOK auf jeden Fall aber auch für den Mai Tai und fast wirkte es schon ein wenig so, als ob man ihn extra für diesen extrem trockenen Sommer und damit für die bitter benötigten kühlen Drinks bestellt hätte.



Review zum Letter of Marque 8 YO Hampden DOK 2009
➜ Review zum Mai Tai mit Letter of Marque 8 YO DOK 2009


Caroni:

Die erste Jahreshälfte und auch die Jahresmitte waren bei mir aber auch geprägt von Tropfen, die schon vor 2018 erschienen sind und die vermutlich im Jahr 2000 das letzte Mal destilliert wurden: die Rede ist natürlich von Caroni! Ich habe mir damit zunächst viel Zeit gelassen, um erst einmal einen breiteren Überblick über Caroni insgesamt zu bekommen und dann damit begonnen viele dieser Rums, vor allem von Velier, hier zu verkosten und vorzustellen, da sich Caroni bei mir in 2018 definitiv als eine neue Liebe, zwischen Jamaica und dem so genannten "Rockley"-Style von Barbados verfestigt und etabliert hat. Schade, dass es die Preisentwicklung einem immer schwerer macht, an noch weitere Flaschen zu gelangen. Nichts desto weniger bin ich aber natürlich weiterhin motiviert, so viele Abfüllungen wie möglich noch zu probieren, bevor man letztlich wohl nie wieder dran kommen wird.

Hier eine Auswahl an Caroni-Reviews aus diesem Jahr:


Neuheiten und Premieren:

Natürlich wurden in 2018, und insbesondere in der zweiten Jahreshälfte, auch einige Neuheiten veröffentlicht, von denen einige auch durchaus Aufsehen erregen konnten. Von Hunter Laing (Kill Devil) beispielsweise wurden für The Whisky Barrel je zwei Rums aus Hampden der Jahrgänge 2007 und aus 2001 veröffentlicht, wobei insbesondere der Jahrgang 2007 für Konfusion sorgte, da Hampden zu dieser Zeit geschlossen war. Es kam dann heraus, dass es durch National Rums of Jamaica (NRJ) zu dieser Zeit eine Art Probe-Destillationsdurchlauf gegeben haben soll, aus dem dann diese Rums resultiert seien. Beide Rums schmeckten hervorragend und hatten einen sehr hohen Estergehalt. Eine unerwartete Entdeckung in 2018!

➜ Review zum Kill Devil Jamaica Rum 10 YO Hampden 2007


Bereits recht früh in 2018 wurde bekannt, dass auch Velier wieder einiges vorhaben würde in diesem Jahr. Zu Beginn erschienen bereits zwei Caroni aus dem Jahr 2000, jeweils für den US-, bzw. den EU-Markt gedacht und einige Zeit später kam dann auch noch ein Caroni 100th Anniversary Bottling, in einer Flasche, die komplett einer Abfüllung aus den 1940er Jahren nachempfunden war. Es machten aber auch Gerüchte um einen Heavy Type Antigua Rum und um vier Rums aus Long Pond schnell die Runde, sowie um eine so genannte Employee-Serie, mit welcher man ein Tribute für die ehemaligen Arbeiter von Caroni setzen wollte. Diese erschienen dann in der zweiten Jahreshälfte und waren, wie zu erwarten, von großem Interesse begleitet. Mein heimliches Highlight war tatsächlich auch der Antigua, der sehr fair bepreist daher kam und im Grunde für mich all jene Kriterien erfüllte, die ich an einen Rum habe, wenn es mal nicht das ganz große Kino sein soll. Stichwort: Barbeque! Seitdem ist bei mir auch eine barbadische Destillerie komplett aus allen Regalen ausgezogen, deren Namen ich bereits vergessen habe. Sowas kommt vor, war wohl nicht so wichtig. 😄
Für mich als Jamaica-Head in besonderem Maße spannend waren aber natürlich die vier Long Ponds, der Cambridge, der Vale Royal, der TECA und der TECC, deren jeweilige Geschichte ich euch im Zuge der Releases mit großer Freude dargelegt habe. Bis auf den Vale Royal waren das auch alles Stile, die es so bisher nie abgefüllt zu kaufen gab, und die uns Connaisseuren somit erstmals zugänglich gemacht wurden. Mein persönlicher Favorit, zum Zeitpunkt der Reviews wollte ich mich da noch nicht festlegen, ist aber inzwischen der Vale Royal, der darüber hinaus auch das klar beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Ein wirklich starker Rum, den ich sehr empfehlen möchte. Eine Blindverkostung vor kurzem unterstrich allerdings auch meinen Eindruck, dass der Rum tatsächlich sehr lange im Glas braucht, bis er wirklich einschlägt. Er braucht Geduld und ich empfehle daher ebenso sehr, ihm diese zuteil werden zu lassen.
Darüber hinaus veröffentlichte Velier auch noch einige Rums unter dem Label Habitation Velier, wobei hier einige ungelagerte Rums besonders hervor stachen, darunter ein Long Pond STC❤E, ein Hampden <>H und ein Savanna HERR. Alle drei Rums werden im neuen Jahr auch noch ihren Weg auf BAT finden!



➜ Hier die bisherigen Reviews:


Und die anderen unabhängigen Abfüller? Waren die untätig? Selbstverständlich nicht, ganz im Gegenteil! Auch dort sind einige wirklich tolle Rums erschienen, von denen hier auch noch Samples stehen, bei denen ich es aber auch noch nicht geschafft habe, sie auf BAT zu besprechen und vorzustellen. Da wären u.a. von 1423 World Class Spirits noch ein New Yarmouth 2005 und junger Hampden DOK aus 2018 mit Sherryfinish oder von Plantation die beiden Long Ponds ITP und HJC. Auch die Transcontinental Rum Line hat mit 2012 einen bisher noch unbekannten Hampden Jahrgang veröffentlicht. Von Compagnie des Indes stehen hier noch ein Hampden DOK 2009, ein Multi Distillery Blend oder ein New Yarmouth 2005. RA (Rum Artesanal) haben dieses Jahr meines Erachtens einen ebenso tollen Job gemacht, einiges an spannenden Abfüllungen im Portfolio gehabt. Deren Caroni 1998, der Long Pond 2000 und der Clarendon 2007 warten auf nochmalige Verkostung. Und ganz frisch eingetroffen sind da auch noch ein Mount Gay 2000 und ein Monymusk 2004 von Kintra und ein Sample eines Navy Rums aus den 1940er Jahren von Nicolas Kröger.
Außerdem sind da auch noch zwei Proben, die nochmal eine gesonderte Aufmerksamkeit verdienen, nämlich ein ungelagerter DOK mit über 85% vol. und ein ebenfalls ungelagerter Rum aus der reaktivierten Vulcain Still von WIRD mit 60,7% vol., der hoffentlich noch etwas mehr Licht ins Dunkel rund um den so genannten "Rockley"-Style bringen kann! Da ist also auch immer noch genug zu tun im neuen Jahr und ich freue mich sehr darauf!


Aufräumarbeiten:

Beim großen Herbstputz bin ich über viele meiner alten Verkostungsnotizen gestolpert, die ich von den probierten Rums damals angefertigt hatte. Da die meisten dieser Rums heute antik und längst vom Markt verschwunden sind, habe ich sie hier online gestellt, um zumindest allen, die diese Rums damals nicht probieren konnten, weil sie erst später zur Szene dazu gestoßen sind, die Möglichkeit zu geben, über diese Rums ein wenig zu erfahren. Dazu habe ich sie auch in den gegenwärtigen Konsens eingeordnet und mir nicht zuletzt auch zu den aufgerufenen Preisen, damals und heute, ein paar Gedanken gemacht.



➜ Hier die einzelnen Sessions:


Noch nicht veröffentlicht habe ich hingegen ein paar Verkostungsnotizen zu einigen alten Cadenhead Cask Strength Abfüllungen, u.a. aus Guyana, Barbados und St. Lucia. Diese folgen im neuen Jahr 2019. 


Epilog:

Das war es also, mein Rum Jahr 2018. Was aber, sind meine Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen für 2019? Im Endeffekt ähnlich wie im letzten Jahr! Ich wünsche mir unbedingt, dass von St. Lucia mehr kommt! Das wäre großartig! Weiterhin wünsche ich mir aber auch, ab und zu mal überrascht zu werden, so wie das mit den Long Ponds oder dem Antigua bei Velier passiert ist, die ich letztes Jahr zu dieser Zeit noch überhaupt nicht auf dem Zettel hatte. Ich erwarte, noch einige weitere alte Caroni probieren und hier vorstellen zu können (und weiß gleichzeitig schon jetzt, dass ich da tatsächlich auch schon einiges in der Pipeline habe😎) und ich habe auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir vielleicht noch das eine oder andere aus den ganz alten Batches noch einmal zu Gesicht bekommen. Ein 1986er WIRD mit dann schon 33 Jahren wäre doch mal was und man wird ja noch träumen dürfen.
Darüber hinaus möchte ich im nächsten Jahr auch mit einigen Langzeit-Projekten noch weiterkommen. Das betrifft insbesondere die Seiten zu Jamaica Rum, zu Hampden, zu Worthy Park, zu Clarendon, zu Trinidad Rum, zu Caroni, zu Barbados Rum und zu WIRD. Die Seiten zu Long Pond und Wray & Nephew hingegen sind nahezu fertig. Immerhin!
Und ansonsten? Marius von SCR hat nun ein Scoring-System für seine Rums auf seinem Blog eingeführt. Ein Gedanke, der auch mich im Sinne einer besseren internationalen Vergleichbarkeit schon mehrfach umgetrieben hat, zumal ein solches System im privaten Rahmen längst nebenher läuft. Ich habe da bekannte vorbehalte, allerdings hat sich meine Ansicht dazu schon auch ein Stück weit verändert. Die Frage ist da also letztlich wohl am ehesten, ob ich auch hier quasi den "facebook-Move" wage, oder nicht. Ich bin da noch nicht final entschlossen, aber am Ende könnte es durchaus so kommen.

Und zu guter Letzt möchte ich mich natürlich auch noch bei euch, also bei all meinen Leserinnen und Lesern bedanken, dafür, dass ihr genau das seid, also Menschen, die auch längere Beiträge wie diesen hier immer wieder, Woche für Woche auf's neue lesen. Denn das ist letztlich auch für mich häufig zusätzliche Motivation mich hinzusetzen und Beiträge zu verfassen. Ihr seid spitze und ihr seid dieses Jahr um einiges mehr geworden und das freut mich sehr! Und damit wünsche ich nun euch, liebe Leser, erst einmal einen guten Rutsch und ein erfolgreiches neues Jahr 2019! Wir sehen uns wieder!

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 2. Dezember 2018

More extinct Long Ponds

Liebe Rum Gemeinde,

ja, es geht tatsächlich immer noch weiter mit den alten Notes. Gerade zu Long Pond habe ich damals unheimlich viel probiert, das meiste aber nur im Mai Tai vorgestellt. Und so kommen heute dementsprechend noch weitere fünf Long Pond Rums von damals pur verkostet. Einziges Problem bei einigen der Flaschen war nur, dass ich seinerzeit nicht immer Fotos gemacht habe. Dadurch muss ich zum Teil auf Bilder von Rum Regalen von damals zurückgreifen, auf neuere Bilder oder, wie letzte Woche, auch auf Bilder anderer. Einen herzlichen Dank noch einmal an Sascha! So allerdings erklärt es sich, dass an dieser Stelle nicht jedes Label in der gleichen Weise hoch aufgelöst abgebildet werden kann. Dies bitte ich zu entschuldigen! Und damit auch schon direkt zu den Rums! 




Die verkosteten Jamaicaner:

- TWA & The Nectar Jamaica Rum 35 YO Long Pond 1977 - 52,9% vol.
- Cadenhead Green Label Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 46% vol.
- Bristol Classic Rum Jamaica 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.
- Berry's Own Selection Jamaica Rum 18 YO Long Pond 1986 - 46% vol.
- Plantation Jamaica 8 YO (wax sealed) - 45% vol.

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TWA & The Nectar Jamaica Rum 35 YO Long Pond 1977 - 52,9% vol.

Nase: mich begrüßt eine schöne, sehr kräftige und eindeutige Long Pond-Nase. Die lange Reife merkt man ihm positiv an, wenn gleich ich schon fast meine, dass er sich, gemessen an seinem Alter, erstaunlich jung gehalten hat. Ich habe eine schöne Liaison aus Nuss und fruchtiger Frische, kombiniert mit verschiedenen Einflüssen vom Fass.

Gaumen: der Long Pond erscheint sehr vollmundig und körperreich am Gaumen und hat grundsätzlich alles, was ein lange gereifter Long Pond aus 1977 haben sollte, allerdings ist er nicht unbedingt der komplexeste alte Long Pond.  Ich habe Ananas, Bananen, Nuss, vegetale Töne, ich habe Anis und ich habe auch Geäst. Der erhöhte Alkoholgehalt tut ihm gut.

Abgang: lang und wie man es von einem alten Long Pond mit um die 55% vol. erwarten darf! Hervorragend!


Fazit: ein wirklich sehr guter Rum aus Long Pond, der zu den besten, allerdings nicht zu den allerbesten Rums der Destillerie gezählt werden darf. Was mir höchstens ein wenig fehlt ist Komplexität, dahingehend, dass ich nach wiederholten Verkostungen wenig neues gefunden habe. Der ursprüngliche Ausgabepreis lag bei ca. 160,- Euro und das ist er auch aus heutiger Sicht absolut wert. Der Preis auf dem Secondary Market liegt heute freilich ungleich höher. Ich denke, dass man mit 300,- bis 400,- Euro ca. rechnen müsste, wollte man ihn heute kaufen. Ob er das wert ist? Das sind Bereiche, in denen das irgendwann jeder mit sich selbst ausmachen muss, allerdings hat der Rum definitiv die Qualität, um dass ich hier auch zu einem Ja tendieren könnte.



Cadenhead Green Label Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 46% vol.

Nase: mich begrüßt eine sehr grasige, vegetale, eher zurückhaltende Nase. Ein Hauch von Nuss im Hintergrund. Die Verwandtschaft zum IRW in Fassstärke ist offenkundig, aber die Verdünnung nimmt ihm leider einiges an Power.

Gaumen: auch hier kann er weder seine Verwandtschaft zum IRW, noch seine Verdünnung leugnen. Letztere hält sich allerdings in einem akzeptablen Rahmen, so dass dieser Rum im Grunde eine entspanntere Version vom IRW ist, bei der das Fass noch nicht ganz so, der Brennereicharakter dafür etwas stärker durchkommt.

Abgang: leichte Nuss-Note, trocken und eher langer Nachklang.


Fazit: ein Rum, dessen Ausgabepreis vorbildlich in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis war! Ca. 40,- Euro hat der Rum damals gekostet und dafür konnte man hier nichts falsch machen. Heute würde ich wohl auch bis zu 100,- Euro für ihn legen. Leider, und das ist bei der Cadenhead Green Label Serie das große Manko, sind die verschiedenen Abfüllungen ab dem Jahr 2000 ca. nicht mehr ungeöffnet im Jahrgang bestimmbar. Bis  ins Jahr 2000 ca. war das Abfülldatum auf die Flasche gedruckt (ganz klein, am Flaschenboden), so dass man das Jahr der Destillation auf +/- ein Jahr errechnen konnte, aber das ist eben seit fast zwei Jahrzehnten schon nicht mehr möglich. Eine Flasche Cadenhead Green Label Jamaica 15 YO könnte dementsprechend auch ein CRV aus 1987 sein, den ich wiederum gar nicht empfehlen kann. Dadurch hatte ich damals zweimal den Green Label 15. Einmal den IRW und einmal den CRV. Leider wusste ich das aber erst nach dem öffnen, weshalb ich nie wieder den Versuch unternommen habe, eine Abfüllung zu erwerben.



Bristol Classic Rum Jamaica 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.

Nase: deutliche Long Pond-Nase, mit grasigen und nussigen Anklängen, allerdings tritt das Oloroso-Finish durchaus wahrnehmbar heraus und macht den Rum dadurch zu etwas sehr eigenem. Gefällt mir!

Gaumen: auch hier funktioniert das Finish aus meiner Sicht gut. Es tritt deutlich zu Tage, zerstört aber die Grundcharakteristik des Rums in meinen Augen nicht. Der Rum ist am Gaumen immer noch klar Long Pond und hat eine für 46% vol. wirklich erstaunliche Viskosität. Das fällt mir bei Finishes aber häufiger auf.

Abgang: lang und typisch Long Pond. Anis, grasige Anklänge, trocken. Das Finish ist erneut wahrzunehmen.


Fazit: ein gelungener Rum, den Bristol damals ab 2002 am Start hatte. Leider war er schon um 2011 herum fast nirgends mehr online zu finden und ich sehe ihn bis heute sogar noch seltener als die 13 YO Abfüllung aus dem 85er Long Pond Batch, obwohl diese nochmal vier Jahre eher, also im Jahr 1998, abgefüllt wurde. Ich würde für diesen heute durchaus noch 100,- bis 150,- Euro ausgeben und den Rum auch öffnen, allerdings dürfte es zu diesen Konditionen schwierig werden, das Vorhaben auch zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.



Berry's Own Selection Jamaica Rum 18 YO Long Pond 1986 - 46% vol.

Nase: ein sehr ähnlicher Eindruck, wie beim 16 jährigen Bruder von letzter Woche. Auch hier habe ich ein wahnsinnig volles, geöffnetes Aroma mit sehr viel Nuss, vegetalem, grasigem, gegrillter Ananas. Deutliche Fassreife. Der Alkohol ist ebenfalls gut eingebunden. Der Gesamteindruck fällt hier aber noch etwas intensiver und reifer aus.

Gaumen: Klasse! Der Rum ist noch etwas weicher und auch ihm schadet die Verdünnung nahezu überhaupt nicht. Mit Nuss, Banane, gegrillter Ananas, grasigen Noten und Gewürzeinschlägen wie die von Vanille oder Anis hat er alles was ein Long Pond aus 1986 haben muss. Der Fasseinfluss ist deutlich.

Abgang: Viel Anis, grasige und nussige Anflüge. Trocken, lang, hervorragend! 


Fazit: wie schon sein jüngerer Bruder, so überzeugt auch diese noch zwei Jahre ältere Version von Berry Bros. & Rudd komplett. Er ist allerdings noch ein wenig reifer, noch eine ganze Ecke besser dadurch, wie ich finde. Ich weiß nicht, was man für diese Abfüllung inzwischen zahlen müsste, aber gemessen an der aktuellen Marktlage (auch wenn ich das nicht erfreulich finde) muss man mit 150,- bis 200,- Euro sicher rechnen. Ob ich eine Flasche heute aufmachen würde? Wenn ich sie noch aus der Zeit von damals im Keller stehen hätte, mit Sicherheit! Würde ich sie heute noch kaufen? An einem guten Tag sicherlich und dann würde ich ihn wohl auch aufmachen! Super Stoff! Auf der Cologne Spirits hatte ich ihn nach langer Zeit mal wieder im Glas und war damals wie heute begeistert!



Plantation Jamaica 8 YO (wax sealed) - 45% vol.

Nase: stark und kräftig und zudem sehr Long Pond stiltypisch! Ich bin durchaus erstaunt, denn für einen Planatation hat er wirklich kaum äußere Einflüsse, etwa durch eine Cognac-Nachreifung oder Dosage. Allerdings stelle ich mir die Frage, ob der nicht vielleicht sogar tropisch gereift ist, denn für 8 Jahre kommt er mir schon sehr reif vor.

Gaumen: der Gaumen bestätigt den Eindruck aus der Nase. Der Rum ist angenehm cremig für die 45% vol. die er hat und er kommt überaus kraftvoll und intensiv daher. Ich habe sogar kurzzeitig Erinnerungen an Hampden. Der weiß zu überraschen! Ganz anderer Rum als spätere Plantation, z.B. aus 2000. Lecker!

Abgang: lang und fruchtig, dann trocken werdend.


Fazit: ich erinnere mich heute noch sehr genau daran, wie große Augen ich gemacht habe, als ich die Flasche damals geöffnet und den Rum verkostet habe. Das war noch gänzlich anderer Stoff als das, was danach aus Jamaica so zur Abfüllung kam. Über den Jahrgang könnte ich nur rätseln, aber wenn ich raten müsste, dann würde ich auf 1986 oder 1993 spätestens tippen. Im Vergleich zu einigen Tropfen heute sicher nicht der Über-Rum schlechthin, aber für damalige Verhältnisse und für einen Plantation war das schon sehr anständig und durchaus bemerkenswert. Heute würde ich die Flasche, wenn ich sie günstig bekäme, wohl auch immer noch öffnen, aber größere Summen würde ich, trotz meiner Begeisterung, nicht dafür ausgeben, denn wie gesagt, diese Begeisterung muss man da auch im Verhältnis und im Kontext ihrer Zeit sehen. 

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Gesamt-Fazit:

heute hatte ich wirklich ausschließlich Gewinner am Start! Jeder der Rums ist es, oft auch zu Sammler-Kursen, wert geöffnet zu werden (wenn auch mit der oben erläuterten Einschränkung beim Green Label 15 YO)! Müsste ich dennoch einen einzelnen Gewinner nennen, so wäre es wohl unzweifelhaft der TWA for The Nectar aus 1977, aber da ist dann die Konkurrenz-Situation auch nicht ganz fair. Keiner der anderen Rums wurde vergleichbar lange gelagert oder in Fassstärke abgefüllt, das ist bei ihm also natürlich ein großes Plus! Dahinter würde ich dann den Berry Bros. & Rudd sehen, gefolgt vom Bristol, vom Cadenhead und vom Plantation.
Die Frage, inwieweit sich die Situation am Markt um Long Pond früher im Vergleich zu heute gewandelt hat habe ich letzte Woche bereits beantwortet: ganz eindeutig kamen Freunde von Long Pond vor einigen Jahren noch zu sehr viel humaneren Preisen an zum Teil sehr viel schönere Abfüllungen der Destillerie heran. Heute gibt es nahezu nur noch den Jahrgang 2000, der zwar auch hohe Qualität hat, allerdings mit den alten Jahrgängen nicht wirklich zu vergleichen ist. Dazu kommen nun noch die Rums von Velier und Plantation, die aber mehrheitlich auch in eine andere Richtung gehen. Insofern kann man bei den alten Long Ponds, zumindest kurz- und mittelfristig, leider schon von einem verloren Stil sprechen. Und ich rate nochmals jedem der da noch so gar nichts kennt, zumindest mal irgendwann eine Chance wahrzunehmen und zu probieren. Es lohnt sich!

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 25. November 2018

Some extinct Long Ponds

Liebe Rum Gemeinde,

das Aufräumen meines Archivs geht weiter! In meinen Verkostungs-Notizbüchern haben sich jede Menge Notes angefunden und nach einigen lange gereiften, dunklen Jamaicanern und diversen Hampden Abfüllungen geht es heute mit Long Pond weiter. Und wenn ich über Long Pond rede, dann gerade ich nahezu jedes Mal und zwangsläufig ins Schwärmen. Und wenn ich von Long Pond spreche, dann denke ich fast jedes Mal ganz unausweichlich an die ganzen alten, grandiosen Bottlings der unabhängigen Abfüller aus der Zeit, bevor der große Rum-Boom einsetzte. Das sind Rums, die bei Leuten wie mir, die schon damals dabei waren, unvergessen sind und bei Leuten, die erst in den letzten Jahren dazu gekommen sind, oft nahezu unbekannt sind. Long Pond aus 1986, 1982, 1977 u.a. ist inzwischen zu fast so etwas wie einem Mythos geworden. Und diesen Mythos möchte ich heute etwas stärker beleuchten und schaue mir mit euch gemeinsam einmal an, was eigentlich dahinter steckt. War da wirklich jeder Schuss ein Treffer?
Meine Notes stammen auch heute wieder aus 2011/2012 ca., als die Rums alle noch mehr oder weniger gut verfügbar waren und die dementsprechend noch vollkommen frei vom Mythos entstanden. Und gerade das finde ich, aus heutiger Sicht, besonders spannend. Im Fazit werde ich mich dann deutlich dazu äußern, wie ich den Rums im Jahr 2018 aus der Sicht eines Connaisseurs gegenüber stehe. Viel Spaß dabei!




Die verkosteten Jamaicaner:

- Berry's Own Selection Jamaican Rum 27 YO Long Pond 1977 - 46% vol.
- Bristol Director's Choice Jamaica Rum 22 YO Four Distilleries 1982 - 43% vol.
- Rum Nation Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 45% vol.
- Berry's Own Selection Jamaica Rum 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength IRW 18 YO Long Pond 1986 - 68,3% vol.

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Berry's Own Selection Jamaican Rum 27 YO Long Pond 1977 - 46% vol.

Source: S.J.; Cocktails Old Fashioned
Nase: sehr voll und reichhaltig und vor allem unglaublich warm! In einer Weise, die ich nicht erklären kann, hat der Rum für mich etwas weihnachtliches. Gefällt außerordentlich gut!

Gaumen: der Gaumen erdet diesen Rum wieder so ein wenig und ordnet ihn als stiltypischen 1977er Long Pond ein, was bedeutet, dass es sich um einen hervorragenden Long Pond handelt. Voller Geschmack, sehr nussig, sehr fruchtig und mit exzellenter Einbindung des Fasses. Sehr genial! Auch die Verdünnung macht sich nicht allzu negativ bemerkbar, ist aber zu spüren.

Abgang: ein langer, warmer Abgang. Der Rum bleibt noch lange präsent und hinterlässt Noten von Eichenholz, frisch geschnittenen Ästen und Anis.


Fazit: ein Rum, bei dem man sich glücklich schätzen kann, wenn man ihn noch haben sollte. Ursprünglich kostete er um die 100,- Euro. Heute mutet das fantastisch an, im wahrsten Sinne des Wortes, aber so waren die Zeiten damals. Leider habe ich es seinerzeit versäumt noch eine Flasche zu kaufen, heute bereue ich das ein wenig. Wer unbedingt noch eine haben möchte, der muss inzwischen bereits über 350,- Euro auf den Tisch legen. Mir persönlich ist das ein bisschen zu viel, da es sich um eine verdünnte Abfüllung handelt, aber die 1977er Long Ponds werden auf der anderen Seite auch sicher nicht mehr.



Bristol Director's Choice Jamaica Rum 22 YO Four Distilleries 1982 - 43% vol.

Nase: sehr dunkel, zumal für 22 Jahre Reife. Viel Holz. Dahinter dann aber die für Jamaica Rum so typischen nussigen und fruchtigen Assoziationen, sowie Anis und ein vegetaler Einschlag. Long Pond ist heraus zu riechen, aber man merkt, dass da auch noch Rums anderer Destillerien drin stecken. Alles in allem aber eine typische Jamaica-Wedderburn Nase.

Gaumen: hier bestätigt sich der Eindruck aus der Nase. Der Rum hat viel von dem, was man auch von Long Pond kennt, aber das alles kommt hier wirklich schon sehr dunkel und mit deutlichem Holzeinschlag daher, wenn gleich ich nicht behaupten möchte, dass es bereits zu viel sei. Darüber hinaus macht sich die geringe Trinkstärke von 43% vol. leider bemerkbar. Der Rum ist zwar nicht im klassischen Sinne verwässert, aber deutlich weniger Wasser wäre sicher besser gewesen. Das klingt etwas ernüchtert, aber ich möchte dennoch alles in allem von einem leckeren Rum sprechen.

Abgang: der Rum verweilt eine Weile am Gaumen, allerdings nicht übermäßig lang. Dazu Holz und Anis.


Fazit: ein Spalter! Ich fand den Rum damals, für das was er gekostet hat, durchaus gut. Ca. 100,- Euro hatte ich im Jahr 2012 bezahlt und dafür wurde ich nicht enttäuscht. Dass es sich um eine Director's Choice Abfüllung gehandelt hat, also eine Abfüllung, die augenscheinlich unmittelbar von den Direktoren von Bristol Spirits Ltd., John Barrett, Dorothy Anne Cameron und Helen Susan Kent, ausgewählt wurde, und zudem Rums enthielt, die aus Destillerien kamen, die  man damals noch überhaupt nicht kannte (Innswood; New Yarmouth), übten natürlich noch einen zusätzlichen Reiz aus. Aus heutiger Sicht muss ich aber sagen, dass das zwar sehr viel Romantik ist, die auch mich nicht kalt gelassen hat, er für mehr Geld dann doch zu viele Punkte hat, an denen ich Kritik üben würde. Zu aller Vorderst ist das natürlich die erhebliche Verdünnung auf nur 43% vol.. Ich denke, dass ich heute evtl. noch bis zu 150,- Euro für den Rum ausgeben würde (wegen der Romantik), dann jedoch wäre Schluss. Denn ganz ehrlich? Es gibt Rums von damals, die mir heute sehr viel mehr fehlen als dieser.



Rum Nation Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 45% vol.

Nase: für einen 1986er Long Pond erst einmal ungewöhnlich. Der Jahrgang ist zwar zu erkennen, aber dieser Rum scheint irgendwie noch "Bei-Noten" zu haben, die ich von dort sonst nicht kenne. Auch die Farbe ist wesentlich dunkler, als sie für einen auf 45% vol. verdünnten 1986er Long Pond erwartet werden kann. Auch etwas süßer als normal erscheint mir der Rum, wenn auch nicht auf Plantation-Niveau.

Gaumen: hier bestätigt sich das Bild im Grundsatz, allerdings tritt der Jahrgang hier doch noch etwas deutlicher heraus und ist nun klar zu identifizieren. Die Verdünnung leider ist deutlich zu spüren. Vielleicht sogar etwas zu deutlich. Dadurch wird das Trinkvergnügen doch leicht eingeschränkt.

Abgang: ein mittellanger Abgang, der den Rum nochmal aufleben lässt. Hier habe ich dann nochmals das Gefühl, dass der Rum etwas "Dosage" hatte.


Fazit: das war leider nicht mein Favorit aus 1986. Zwar ist der Rum nicht schlecht, aber er bleibt eben auch nicht bemerkenswert positiv in Erinnerung. Unter dem Strich heißt das für mich, dass ich die Flasche versiegelt lassen würde, wenn bei mir noch eine herum stünde. In Anbetracht der vielen Optionen, die das Jahr 1986 bietet, wäre das auch kein Rum, den ich heute noch kaufen würde. Da wird man für ähnliches Geld bei anderen Abfüllungen eher fündig. Allerdings muss ich gestehen, dass die Flasche für Rum Nation Sammler sicherlich reizvoll ist, denn ich könnte spontan nicht sagen, wann ich die Abfüllung zuletzt irgendwo angeboten gesehen hätte.



Berry's Own Selection Jamaica Rum 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.

Nase: volles Aroma! Der Rum macht, wohl durch die Verdünnung, etwas mehr auf als der Cadenhead IRW. Ich habe ganz viel Nuss, viel vegetales, grasiges, gegrillte Ananas und auch hier etwas Rauch. Der Alkohol sticht durch die Verdünnung fast gar nicht.

Gaumen: Mhhmm! :-) Angenehm weich kommt der Rum daher. Die Verdünnung schadet dem Rum kaum. Ich habe reichlich Nuss, grasige Noten, gegrillte Ananas, Banane, angenehmen Fasseinfluss, Vanille und nach hinten heraus ordentlich Anis. Geniale Abfüllung!

Abgang: Anis bleibt, dazu grasige und nussige Komponenten. Trocken, frisch geschnittenes Geäst. Langer Nachhall, klasse! 


Fazit: Long Pond 1986 war wirklich ein herausragender Jahrgang! Ich hatte bisher noch kaum einen Rum aus diesem Batch den ich richtig schlecht fand. Es gab einige, die waren meines Erachtens etwas zu sehr herunterverdünnt, aber dafür kann ja der Rum nichts. Bei allen Abfüllungen mit 46% vol. oder mehr war das aber nicht mehr gegeben und die waren alle durch die Bank weg spitze! Die besten unter ihnen waren meines Erachtens die helle Version vom Silver Seal 21 YO aus 1986 mit 50% vol. und der Cadenhead IRW 18 YO (s. unten). Diese Rums würde ich immer wieder auch noch aufmachen!



Cadenhead's Cask Strength IRW 18 YO Long Pond 1986 - 68,3% vol.

Nase: sehr volle Nase! Nuss, Stroh, Fruchtigkeit, gegrillte Ananas, Melasse und leichte Ester empfangen mich - und eine eher geringe alkoholische Schärfe, bedenkt man den enormen Alkoholgehalt von fast 70(!)% vol.. Der IRW erscheint mir leicht würzig und er hat auch eine sehr dezente Rauchigkeit am Ende.

Gaumen: nach kurzer alkoholischer Schärfe, die aber, trotz des enormen Alkoholgehalts, nicht unangenehm ist, habe ich im Vordergrund überreife Bananen, gegrillte Ananas, Gras, Nuss, Anis, einen floralen, vegetalen Touch und anschließend dezente Holznoten und Würze. Lecker!

Abgang: langer Nachhall! Eher trocken, viel Jamaica, etwas nussig, eine leichte Bitternote. Toll!


Fazit: neben dem HLCF sicherlich der Rum, den ich zu meiner Anfangszeit am meisten geliebt habe! Aber im Gegensatz zum HLCF hat es hier in der Zeit danach nicht noch Nachfolger en masse gegeben, weswegen mir der IRW schon sehr fehlt! Durch eine Flaschenteilung bin ich zumindest nochmal an 10 cl davon gekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Wer den noch zu Hause im Keller stehen hat, dem kann ich nur nahelegen den IRW auch aufzumachen. Er ist es wert, ein ganz toller Rum! Ein Wedderburn-Long Pond par excellence!

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Gesamt-Fazit:

Die eindeutigen Gewinner für mich waren ganz klar der Berry Bros. 27 YO aus 1977 und der IRW von Cadenhead in Fassstärke! Das sind zwei absolute Klasse-Bottlings. Allerdings liegt auch der Rest im Feld fast durchgängig auf hohem bis sehr hohem Niveau, mit Ausnahme vielleicht des Rum Nation.
Früher war also mehr Long Pond? Ja, leider eindeutig ja! Wir alle neigen ja stets und ständig dazu, die Vergangenheit positiv zu verklären, aber bei den alten Long Ponds kann man das, im Gegensatz zu der Situation bei Hampden, aus meiner Sicht definitiv so annehmen. Die alten Jahrgänge sind aus meiner Sicht größtenteils unerreicht und ich mag mir gar nicht ausmalen, wie genial viele von denen wohl in Fassstärke gekommen wären. Leider setzte das Umdenken bei den unabhängigen Abfüllern, weg von den 46% vol. und hin zur Fassstärke, erst ein, als es für die alten Long Pond schon beinahe zu spät war. Glücklicherweise hat die Verdünnung diesen Rums nicht in diesem Maße geschadet, wie das bei Hampden der Fall war und so würde ich auch heute noch viele Long Ponds, auch in Trinkstärke, mit Vergnügen öffnen. Dieses Bild wird sich beim nächsten Mal dann auch noch verfestigen, wenn der zweite Schwung der längst ausgestorbenen Long Ponds hier vorgestellt wird.

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 18. November 2018

Drams of Lost Hampden Classics

Liebe Rum Gemeinde,

bereits letzte Woche hatte ich euch berichtet, dass ich beim Aufräumen und Ausmisten meines BAT-Archivs einige alte Verkostungsnotizen zu einigen Rums gefunden habe. Einen Teil davon habe ich euch schon letzte Woche zukommen lassen, da ging es vor allem um alte, lange gereifte, eher gemäßigte Jamaicaner. Heute hingegen kommen ein paar High Ester Notes von einigen Klassikern aus Hampden. Die Notes sind um die Jahre 2011/2012 herum entstanden, als ich die Rums unzählige Male verkostet habe und sie auch noch alle weitestgehend gut verfügbar waren. Inzwischen, nur wenige Jahre später, haben sie alle einen absoluten Raritäten-Status!
Bei Raritäten neigen wir oft dazu, sie rückblickend romantisch zu verklären. So wird dann so mancher Durchschnitt am Ende noch zur "Spitzenabfüllung von einst". Gerade auch auf Ebay zeigt sich das oftmals sehr deutlich in den Preisvorstellungen einiger. Ich habe mir im Folgenden vorgenommen, derlei aus der Gesamtgleichung zu streichen und nur den Rum selbst zu sehen. Mit den Eindrücken von einst, aber eingeordnet in die Gegenwart und unter Berücksichtigung dessen, was seitdem passiert ist. Das hat bei mir dann kurioser Weise aber eher dazu geführt, dass ich viele Rums heute tendenziell nüchterner sehe als noch vor über 5 Jahren. Doch lest selbst... :-)



Die verkosteten Jamaicaner:

- Berry's Own Selection 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.
- Cadenhead Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.
- Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.
- Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

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Berry's Own Selection Jamaica Rum 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.

Nase: woah, eine wahnsinnig fruchtige Nase! Über die Maßen esterreich und dabei typisch jamaikanisch kommt der Rum um die Ecke, stark und voll. Außergewöhnlich! Wahnsinn!

Gaumen: das gleiche Spiel am Gaumen: auch hier wieder unglaublich viel Frucht, man fällt quasi Kopf über in eine Obstschale mit allen erdenklichen exotischen Früchten! Erst im zweiten Moment kommen auch geringfügig Noten der Fasslagerung vom Holz mit, die sich perfekt mit den Fruchtaromen. Das erscheint alles sehr ausgewogen und ergänzt sich perfekt. Der Rum ist so unfassbar mundfüllend und körperreich, außerordentlich gut!

Abgang: lang und länger... der volle Geschmack der Frucht verweilt eine ganze Zeit am Gaumen, erst nach Stunden schmeckt man nichts mehr vom Rum nach. Unglaublich!


Fazit: eine Geschmacks-Explosion! Ein Rum, der seinerzeit alles bis dahin dagewesene getoppt hat und auch heute noch zum erweiterten Kreis der besten Hampden zählt, die es überhaupt gibt. Mein Urteil fiel ursprünglich noch berauschender aus, allerdings haben einige mit der Zeit noch erschienene und länger gelagerte 1990er, die in einer höheren Stärke abgefüllt wurden, das ein kleines Stück weit relativiert. Aber die Verdünnung war wirklich der einzige Schwachpunkt dieses Rums. Die 70,- Euro, die er ursprünglich gekostet hat, waren aus heutiger Sicht ein Traum-Preis. Heute würde ich wohl noch bis zu 150,- Euro für diesen Rum bezahlen. Ob ich ihn dafür aber auch bekäme?



Cadenhead's Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.

Nase: es zeigt sich mir erneut eine Ester-Bombe! Esterreich, fruchtig, aber auch gesetzt kommt dieser Rum daher. Den Ester-Anteil des 1990ers kann er nicht ganz mitgehen, aber dafür habe ich hier auch einige deutlicher gelagerte Noten vom Holz mit Vanille, Zitrone und Erde. 

Gaumen: ich habe sehr viel Pot Still-Hampden-Aroma am Gaumen, eine wahnsinnige Vielfalt! Der Rum wirkt trotz "nur" 13 Jahren Reife sehr ausgewachsen, hat vom Fass einiges abbekommen, was dem Rum gut tut. Auch alkoholische Schärfe ist dabei, allerdings fällt die für den Alkoholgehalt des Rums lächerlich gering aus. Ansonsten fallen mir Banane, Ananas, Erde, Zitrusfrucht und Vanille auf, die ich auch schon in der Nase fand. 

Abgang: sehr lang! Alles, was man am Gaumen hatte, bleibt für Stunden deutlich im Mund. Überaus angenehm!


Fazit: dieser Rum war für mich, zu Anfang meiner Rum-Zeit, der absolute König unter den Jamaica Rums, mein Einhorn! Er war der erste Rum, für den ich eine dreistellige Summe bereit war zu zahlen und lange Zeit war dies auch der einzige Hampden mit höherem Estergehalt, den es in Fassstärke abgefüllt gab. Das machte ihn zu etwas sehr besonderem und einzigartigem. Aus heutiger Sicht ist der Cadenhead HLCF 13 YO natürlich noch immer ein toller Rum, aber seine absolute Ausnahme-Stellung hat er bereits seit langem eingebüßt. Inzwischen gab es schon viele andere, vergleichbare Rums, die ähnlich oder besser waren, beispielsweise einige der Hampdens aus 1998 oder auch andere 1992er in Fassstärke. Daher würde ich wohl heute kaum mehr zahlen als anno 2011, nämlich ca. 100,- Euro. Ich denke, dass der Marktwert aktuell klar höher liegt, aber dafür würde ich ihn nicht mehr aufmachen.



Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: sehr ähnlich zum Cadenhead HLCF 13 YO, nur alles etwas dünner, nicht so enorm konzentriert - aber es ist eindeutig das gleiche Batch! Fruchtige Ester und gelagerte Noten vom Holz bilden hier eine schöne Kombination, die Lust auf mehr macht.

Gaumen: leider macht sich die Verdünnung hier schon bemerkbar. Dadurch fehlt jeglicher alkoholischer Einschlag und viel Kraft. Die Komponenten aus Banane, Ananas, Vanille, Erde oder Zitusnoten sind aber auch hier vorhanden. Bedauerlich, dass man diesen Rum nicht in Fassstärke abgefüllt hat, so wie man es ein Jahr zuvor noch mit seinem jüngeren Bruder gehandhabt hat. Dann wäre dieser Rum sicher noch viel besser gewesen.

Abgang: das ist dann wieder Hampden in Reinform! Lang und länger. Esterig. Typisch Hampden!


Fazit: dieser Rum hätte, in Fassstärke abgefüllt, der ganz große Wurf werden können! Seinerzeit war er mit 40,- Euro ein echtes Schnäppchen, zumal aus heutiger Sicht, aber die Verdünnung ist ein Malus, den ich einem Hampden inzwischen kaum noch nachzusehen bereit bin. Dafür ist das Angebot an gereiften Hampden in Fassstärke in den letzten Jahren einfach zu sehr gewachsen. Ich würde diesen Rum daher heute nicht mehr kaufen oder öffnen. Im Mai Tai hingegen hat er immer super funktioniert. 



Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: okay, noch einmal 1992! Der Rum kommt im Kern schon sehr ähnlich daher, allerdings deutlich gemäßigter, durch die Verdünnung, und auch spürbar abgerundeter durch sein Bordeaux-Fass-Finish. Klar habe ich da die typischen Hampden-Noten, aber das Finish macht schon deutlich was mit dem Rum. Auch im Glas ist das zu sehen, wo der Rum farblich eher wie ein Rosé erscheint, als dass er wie ein Rum wirken würde. Sehr ungewöhnlich!

Gaumen: hier kommt der Hampden etwas besser und deutlicher durch als in der Nase, aber das Finish ist auch hier präsent. Das wirkt alles sehr gediegen, sehr gemacht, sehr experimentell. Das ist kein Rum mehr, den ich mir eingießen würde wenn mir nach einem Rum wäre, sondern wenn mir nach einem Wein wäre. Und wieder diese Farbe... fast möchte man ihn aus einem Rosé-Glas trinken. 

Abgang: Hampden ist Hampden. Und Finish hin oder her, der Rum bleibt lange am Gaumen verweilen und verschwindet erst nach über einer Stunde.


Fazit: das war der bis dahin wohl ungewöhnlichste Hampden, den ich im Glas hatte und ich glaube, da kam auch bis heute kaum einer dazu der es geschafft hat, einen Hampden weiter weg vom Markenkern zu ziehen wie das bei diesem Renegade der Fall war (und bei einem weiteren, doch dazu weiter im Text mehr...). Und doch mag ich diesen Rum, auch, weil das Finish dazu geführt hat, dass der Rum nicht diese für 46% vol. bei Hampden so typische Wässrigkeit aufweist. Der ist angenehm ölig. Damals habe ich ca. 60,- Euro für eine Flasche gezahlt. Heute wäre mir der Rum vielleicht auch noch etwas mehr wert, aber bei 80,- bis 90,- Euro wäre wohl Ende. Das ist einfach so speziell: probiert sollte man ihn haben. Aber ob man da eine ganze Flasche braucht?



Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.

Nase: hier habe ich zunächst starke, alkoholische Noten. Dass der Rum noch sehr jung ist, ist offenkundig. Jamaica und Hampden kommen dahinter durch und die Ester zeigen sich. Der Rum braucht einige Minuten Zeit, bis sich auch andere Aromen, wie Toffee, Vanille, Humus, Ananas und Banane durchsetzen können. Der JMLR ist in der Nase deutlich weniger rund als sein 13 jähriger Bruder und bringt auch deutlich weniger Power mit.

Gaumen: die alkoholische Schärfe steht zunächst im Vordergrund, weicht aber dann dem typisch jamaikanischen Geschmack von Früchtekorb. Ich habe auch hier wieder Ester, aber das fällt alles einfach ein wenig beschränkter aus, als bei anderen Hampden mit höherem Estergehalt. Das erinnert alles sogar fast eher an einige kräftigere Long Pond. Die kurze Reifedauer wird dem JMLR 8 YO leider etwas zum Verhängnis, denn der Rum ist noch sehr rau und kratzig. Ansonsten zeigen sich eine leichte Bitternote, sowie letztlich doch auch noch ein wenig Holz vom Fass. 

Abgang: der fällt leider deutlich kürzer aus als beim HLCF z.B. oder gar beim Berry Bros., die Fruchtnoten verschwinden, etwas leicht bitteres bleibt haften, ein wenig Melasse vielleicht, insgesamt aber eher enttäuschend, denn der Rum ist, für einen Hampden, wirklich schnell weg.


Fazit: ein eher ernüchternder Auftakt der LROK 2000 Reihe von Hampden. Der Rum war für das damalige (überschaubare) Angebot und für das was er seinerzeit gekostet hat, ca. 50,- Euro sind es gewesen, durchaus sein Geld wert und auch im Mai Tai hat er eine gute Figur gemacht, allerdings ist der Rum aus meiner Sicht im Jahr 2018 nicht mehr konkurrenzfähig. Der Jahrgang 2000 aus Hampden war einfach sehr, sehr ergiebig in den letzten Jahren und so sind viele andere, reifere Rums dieses Batches erschienen und ich persönlich habe den Jahrgang insgesamt sogar so ein bisschen "über". Ich würde den JMLR 8 YO heute nicht mehr kaufen und hätte ich noch einen hier, so würde ich ihn eher versetzen als irgendwann noch einmal öffnen. Es gibt einfach bessere, die auch nicht die Welt gekostet haben, wie z.B. der 2000er von Andreas Schwarz.



Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

Nase: nochmal Renegade, nochmal ein Weinfass-Finish! Und zunächst wird der Rum dann auch vom Chateau Climens Fass dominiert, aber anschließend kommen dann die Esternoten, etwas Frucht und das typisch jamaikanische mit, wobei es diese Eindrücke gegen das Weinfass wirklich schwer haben.

Gaumen: für seine gerade einmal acht Jahre lange Lagerzeit schmeckt er schon sehr reif. Wieder liegt das Weinfass über allem, was den Rum einzigartig macht, ihn aber auch sehr verformt und ihn zu etwas völlig neuem macht. Alkoholische Schärfe ist leicht da, aber überhaupt nicht störend. Würde sie fehlen, wäre der Rum auf jeden Fall zu weich gespült für meinen Geschmack, dafür nimmt das Chateau Climens Fass dem Rum einfach zu viel von seinem jamaikanischen Charakter.

Abgang: hier halten sich Jamaica und Chateau Climens die Waage, der Geschmack verweilt etwas am Gaumen und so weiß der Abgang zu gefallen.


Fazit: es gilt im Prinzip das gleiche wie für den Renegade 1992. Nie vorher und nie nachher war Hampden vermutlich weiter weg von dem was sie ausmacht, als bei diesen Abfüllungen, selbst beim Murray McDavid 13 YO aus 1992 nicht. Im Falle des 2000ers gelingt die Kreuzung aus zwei Welten hingegen noch etwas besser als beim 1992er, so dass hier wirklich etwas komplett eigenes entstanden ist, was ich richtig gut finde. Toller Rum! Würde ich ihn heute irgendwo finden, so wüsste ich aus dem Stand nicht, was er mir wert wäre, ein Rum, den ich durchaus vermisse! Das wäre also vermutlich eine Bauchentscheidung. Wer eine Flasche bei sich herumstehen hat, dem würde ich, anders als beim 1992er, fast auch raten, sie einfach mal zu öffnen. Für mich ist das bis heute mit der beste 2000er, weil er eben nicht ist, wie die anderen. 

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Gesamt-Fazit:

Einen klaren Sieger auszumachen, so wie das letzte Woche beim Monymusk von Bristol funktioniert hat, ist heute nur bedingt möglich. Und das hängt vor allem damit zusammen, dass ich einen echten Verlierer heute nicht gesehen habe. Die Qualität war durch die Bank weg hoch, das waren alles klasse Rums!
Dennoch gibt es natürlich eine Gewichtung. So sehe ich den 1990er Hampden von Berry Bros. & Rudd. sehr weit vorne, da 1990 einfach mein Lieblings-Batch aus Hampden ist und diese die Verdünnung auch besser vertragen als z.B. das Batch aus 1992. Dahinter folgen der 13 YO HLCF und der 8 YO Renegade, die jeweils ebenfalls sehr zu gefallen wissen. Etwas hinten an kommen aber der Renegade 1992, der JMLR 8 YO und der Cadenhead Green Label 14 YO aus 1992, die für mich , aus jeweils ganz individuellen Gründen, nicht ganz das Niveau der anderen Abfüllungen erreichen. Sie wären auch diejenigen, die ich heute eher auch nicht mehr aufmachen würde. Aber für das was die damals gekostet haben waren auch diese drei wirklich super! Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich den JMLR und den Green Label mit ihren knapp unter 50,- bzw. 40,- Euro seinerzeit als gehobenen Standard für den Mai Tai empfohlen habe. Lange ist's her!

Hampden heute: Abfüllungen erscheinen häufig in Fassstärke.
Aus heutiger Sicht finde ich es spannend, dass ich auch Rums, die für mich damals wirklich das non plus ultra waren, inzwischen nicht mehr vermisse, bzw. die sich eher überlebt haben, einfach, weil mit der Zeit noch bessere, vergleichbare Rums erschienen. Bei Hampden finde ich das allerdings auch besonders bezeichnend und sehr auffällig. Man muss damals nicht schon dabei gewesen sein um die besten Hampden zu kennen. Da kommt heute zum Teil noch besserer Stoff, wie ich finde. Entweder noch aus den alten Stocks, oder zum Teil auch schon aus den Beständen des neuen Rums aus der Zeit nach der Wiedereröffnung der Brennerei im Jahr 2009. Hier unterscheidet sich die Destillerie von nahezu allen anderen beliebten Rum Brennereien, denn normal lief es eher in eine entgegengesetzte Richtung. Bei anderen Stilen, z.B. den Rockley Rums aus WIRD von Barbados, ist das gänzlich anders und ich würde gar von einem nahezu verlorenen Stil sprechen, denn der Jahrgang 1986 z.B. hat vor fast 6 Jahren seinen letzten Release erlebt und auch die 2000er kommen immer seltener und sind auch nicht identisch zu den 1986ern. Da ist der Zug heute abgefahren. Auch für Caroni gilt das bedingt bereits (vor allem zu bezahlbaren Konditionen) und ebenso ist es für die alten Jahrgänge von Long Pond meist schon zu spät - von den Demeraras ganz zu schweigen!

Demnächst geht es dann hier weiter mit noch ein paar weiteren wiederentdeckten Verkostungsnotizen. Ich habe noch einiges aus Long Pond und auch zu ein paar alten Cadenhead und Demerara Rums. Seid gespannt!

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 11. November 2018

A bunch of rare medium Jamaica Rums

Liebe Rum Gemeinde,

ich habe während der letzten Woche das Archiv von Barrel Aged Thoughts aufgeräumt und ausgemistet. Dabei bin ich unerwartet auch auf einige alte, unveröffentlichte Verkostungsnotizen aus 2012 zu einigen medium bodied Jamaica Rums getroffen. Sie sind nicht über die Maßen umfangreich, allerdings sind einige der damals verkosteten Rums heute sehr rar und oft nahezu unbekannt. Nicht selten jedoch schlummern solche Rums noch in den Kellern einiger Connaisseure und an genau die richtet sich das hier, denn wer möglicherweise schon immer mal wissen wollte, ob es sich lohnt eine dieser Flaschen zu öffnen, der findet hier und heute möglicherweise eine Entscheidungshilfe. 

Bildquelle: Wikipedia



Die verkosteten Jamaicaner:

- Appleton Estate Jamaica Rum 21 YO (alte Version) - 43% vol.
- Alambic SC Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1992 - 45% vol.
- Bristol Classic Rum Jamaica 20 YO Monymusk 1977 - 46% vol.
- Cadenhead's Green Label Jamaica Rum 25 YO Long Pond 1974 - 46% vol.
- Plantation SC Jamaica 25 YO Long Pond 1986 - 42% vol.
- Coruba Jamaica Rum 25 YO - 40% vol.

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Appleton Estate Jamaica Rum 21 YO - 43% vol.

Nase: Appleton-typisch, sehr reif, melassig, schwer und dunkel. Eine lange Reifezeit deutet sich direkt an.

Gaumen: sehr viel Gewürze und Trockenfrüchte, der Eindruck der Nase setzt sich fort, zweifellos wurde dieser Rum lange Zeit gelagert, das kann er nicht verbergen. Seine jamaicanische Herkunft leugnet der Appleton 21 nicht, trotz dessen, dass ihm jegliche Brachialgewalt abhanden gekommen ist. Er weiß zu gefallen, auch im Old Fashioned wäre er sicher eine gute Wahl.

Abgang: etwas bitter, leichte Mandelnote, trocken, wirklich langanhaltend.


Fazit: der Appleton 21 ist ein solider Rum, den ich allerdings damals wie heute als überpreist empfinde. Ja, 21 Jahre tropische Jahre haben ihren Preis, aber Verdünnung und Beliebigkeit des Rums sorgen einfach dafür, dass mir hier die Bereitschaft dafür fehlt ihn zu zahlen. Zumal sich für das Geld auch andere Optionen auftun. Eher würde noch ein bisschen was drauflegen und einen Vale Royal oder einen Cambridge, oder gar für weniger Geld einen 6 jährigen Velier Antigua 2012 z.B. kaufen. Was bleibt zu hoffen? Natürlich, dass von Appleton in naher Zukunft endlich einmal Small Batch Abfüllungen in Fassstärke kommen. Das fänd ich unglaublich reizvoll! 



Alambic SC Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1992 - 45% vol.

Bildquelle: cocktaildreams.de

Nase: sehr Jamaica-untypisch, dabei aber vor allem ungewöhnlich karamellig. Trotz 45% vol. hat er eine leichte alkoholische Schärfe. Im Bouquet hat er etwas Ester in Form von Banane und... Karamell! Letzteres liegt wirklich über allem.

Gaumen: der Rum kommt hier leider etwas flacher als die Nase. Die Verdünnung merkt man dem Long Pond an, trotz dessen weist er alkoholische Schärfe auf. Das Karamell setzt sich fort. Würze und Süße gesellen sich dazu, auch alkoholische Noten und Anklänge von Früchten finden sich im Geschmack wieder. Nach einer Weile im Glas kommen auch ein paar Holztöne vom Fass durch.

Abgang: kurz und eher trocken, dabei etwas Eiche und Karamell. Nach einer Minute ist der Rum gänzlich verschwunden.


Fazit: Karamell-Bombe! Das ist Long Pond auf eine Weise, wie ich sie so gar nicht mag und brauche. Der Jahrgang 1992 ist leider sehr speziell und geht ganz weit von allem weg, was man von einem Long Pond traditionell erwartet. Schade! Auch der 18 YO, den ich ebenfalls mal im Glas hatte, ist nicht wirklich anders, genauso wie ein 1992er Bottling von MacY. Wer da noch was im Regal hat: lasst sie lieber zu!



Bristol Spirits Rum 20 YO Monymusk 1977 - 46% vol.

Bildquelle: cocktaildreams.de
Nase: zu Beginn unglaublich verhalten, da kommt erstmal wenig durch im Bouquet. Auch alkoholische Schärfe ist kaum vorhanden. Ich habe etwas Holz, dunkle Früchte und Kakao. Dazu leichte Spuren von Nüssen und Heu. Monymusk ist zunächst dezent zu erahnen, wenn man den Stil kennt, kommt aber mit zunehmender Zeit im Glas klarer heraus.

Gaumen: hier kommt der Bristol angenehm weich, er ist kaum alkoholisch. Die Verdünnung ist zu merken, schadet dem Rum aber nicht übermäßig. Der Monymusk ist ölig, vielleicht leicht bitter mit dunkler Schokolade, gepaart mit überreifer Banane und Holz. Eine Geschmacksexplosion bleibt aus, was aber für Monymusk aus 1976/1977 nicht untypisch ist.

Abgang: leider eher kurz, trocken und unspektakulär verabschiedet sich der Rum vom Gaumen. 


Fazit: ein handwerklich rundherum ausgezeichneter Rum, der eher mit leisen als mit lauten Tönen zu überzeugen weiß. Damals lag die Flasche bei etwas über 100,- Euro, soweit ich mich erinnere. Das war ein guter, wenn auch seinerzeit ein durchaus hoher Preis. Heute sieht das freilich anders aus. Wer noch eine Flasche, möglicherweise auch vom 21 YO, vom 23 YO oder vom 25 YO, bei sich zuhause stehen hat und Jamaica nicht immer mit der Brechstange braucht, der kann ihn durchaus auch mal aufmachen. Viel falsch machen kann man dann nicht. 



Cadenhead's Green Label Jamaica Rum 25 YO Long Pond 1974 - 46% vol.

Nase: trotz der nur 46% vol. habe ich eine eher alkoholische Nase. Jamaica lässt sich erahnen, insgesamt wird aber zunächst viel vom Alkohol verdeckt. Dahinter finden sich Spuren von Toffee und Schokolade, die nach einiger Zeit im Glas deutlicher durchkommen. Dazu viel Holz! 

Gaumen: überaus bitter und holzig! Der lag meines Erachtens definitiv zulange im Fass. Trotz der Verdünnung ist der Rum noch schwarz wie die Nacht. Entweder der Rum hatalso einen Teil seiner Reife noch in der Karibik erfahren und nicht im kühlen Schottland, oder aber das Fass war, wie auch alte Demerara damals, entsprechend präpariert. 

Abgang: bitter und holzig. Der Rum ist länger präsent als ich ihn schmecken möchte.


Fazit: der ist meiner Meinung nach mal so gar nichts! Viel zu verholzt und eindimensional macht es einfach keinen  Spaß den im Glas zu haben. Auch andere 1974er Jamaicaner aus Long Pond die ich im Glas hatte zeigten ein ähnliches Bild. Long Pond hat wesentlich schönere Vintage-Jahrgänge, wie 1977, 1982 oder 1986. Diese sind ihr Geld dann auch wert. Die 74er hingegen würde ich verschlossen lassen. 



Plantation Old Reserve Jamaica 1986 Single Cask - 42% vol.

Nase: sehr volle Nase! Ich habe Esternoten, Banane, Mandel und eine erhebliche Süße, die mir nicht natürlich erscheint. Dazu eine für die Plantations sehr charakteristische Eigennote.

Gaumen: Schokolade, danach Mandel und Toffee, Banane, Ester. Sehr warm und rund. Dazu eine erhebliche Süße. Ich vermute eine Zugabe von Zucker. Long Pond ist zu erkennen. Einzig: er könnte noch eine Spur vollmundiger sein! Leider ist der Rum sehr verdünnt worden. 

Abgang: langanhaltend, schokoladig und einfach lecker!


Fazit: unglaublich aber wahr, aber auch der Plantation 1986 konnte mich damals tatsächlich überzeugen und er reicht fast an seinen 1983er Bruder heran. Klar, er ist gesüßt und auch viel zu sehr verdünnt worden, aber als Easy Sipper nebenbei ist der durchaus zu gebrauchen. Der lag damals bei ca. 70,- Euro pro Flasche, dürfte heute aber deutlich darüber liegen. Und ganz ehrlich? Mehr als die damaligen 70,- Euro ist der Rum meines Erachtens nicht wert. Lasst den zu und versucht ihn bei Plantation Sammlern gegen einen ehrlichen Rum einzutauschen. 



Coruba Jamaica Rum 25 YO - 40% vol.

Nase: ich habe eine eher leichte Nase, etwas Vanille, etwas Holz. Viel zu erkennen ist da aber nicht. Sehr flach. 

Gaumen: wieder Vanille, erneut sehr flach und eher wässrig statt ölig, Holz kommt deutlich, aber nicht unangenehm durch, wie auch beim Appleton 21 verheimlicht auch dieser Rum sein hohes Alter nicht. Insgesamt fehlt mir hier aber Vielschichtigkeit, Komplexität und Jamaica-Flavour.

Abgang: unspektakulär, mittellang, bleibt nicht im Gedächtnis.


Fazit: ein Rum, den man meines Erachtens nicht braucht. Von Coruba überzeugten mich aber überhaupt nur die N.P.U.-Abfüllungen. Das sind solide Jamaicaner mit ordentlich Estern, aber die länger gelagerten Varianten sind für meinen Geschmack alle austauschbar und überpreist. Lasst da lieber die Finger davon! 

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Gesamt-Fazit: 

Der klare Sieger dieser Runde ist der Monymusk aus 1977 von Bristol. Er ist auch der einzige, den ich guten Gewissens und uneingeschränkt empfehlen kann. Der Plantation 1986 ist als Easy Sipper solide, aber nicht mehr wert als sein damaliger Ausgabepreis. Den Appleton 21 kann man dagegen trinken, ist aber für meinen Geschmack zu teuer. 
Auf der Seite der Verlierer finden sich dagegen ganz klar die drei anderen Rums wieder: der Coruba 25 YO, der Alambic Classique 15 YO und der Cadenhead's Green Label 25 YO, die nicht nur ihr Geld meiner Ansicht nach überhaupt nicht wert waren und sind, sondern eben auch mit klaren Fehlnoten und Mängeln daher kommen! Habt ihr eine dieser Flaschen noch irgendwo herumstehen, dann lasst sie besser zu. 

Ich hoffe, diese Kurz-Reviews konnten einen kleinen Überblick über die eher selten anzutreffenden, zumeist sehr lange gereiften, eher etwas softeren Jamaica Rums geben und helfen vielleicht dem einen oder anderen dabei sich zu entscheiden, ob er einen dieser Rum kaufen oder aufmachen möchte oder es vielleicht besser lässt. 


Bis demnächst,
Flo